Tansania und das Coronavirus

Wie überall auf der Welt hält auch in Tansania das neuartige Coronavirus die Bevölkerung in Atem. Doch wie begann die Pandemie in diesem Schwellenland und wie wirkt sie sich heute noch aus?

Am 11. März 2020 stufte die Weltgesundheitsorganisation (WHO) das Ausbruchgeschehen des SARS-Covid-19-Virus offiziell als Pandemie ein und bereits einige Tage später wurde der erste Fall in Tansania gemeldet. Die Quellen sind widersprüchlich, ob die erste Infektion am 15. oder 16. März 2020 aufgenommen wurde, jedoch konnte sie auf eine aus Belgien eingereiste Person zurückgeführt werden.

Eine Reaktion von Regierungsvertretern erfolgte schnell. Premierminister Kassim Majaliwa untersagte bis auf Weiteres jeglichen Flugverkehr mit dem Ausland und ließ Bildungseinrichtungen schließen. Auch ein dreißigtägiges Verbot öffentlicher Versammlungen wurde ausgesprochen sowie die Pflicht zu einer vierzehntägigen Quarantäne nach der Rückkehr aus dem Ausland. Auswirkungen auf den öffentlichen Nah- und Fernverkehr gab es nicht.

Unterdessen appellierte Präsident John Magufuli an die Bevölkerung Maßnahmen zu ergreifen, um die Ausbreitung der Krankheit zu minimieren. Er forderte die Tansanier jedoch verstärkt dazu auf, sakrale Stätten aufzusuchen und zu Gott zu beten, um Heilung zu erfahren.

Trotz dieser Maßnahmen stieg die Zahl der Infizierten, laut der gemeldeten Daten vom 06. April 2020 auf 22 bestätigte Neuinfektionen sowie einen Todesfall. Laut der Webseite Wordometers waren zwei Patienten wieder genesen.

Mit den Infektionszahlen stieg jedoch auch der Zweifel an der Existenz des Virus, weshalb am 29. April 2020 das einzige Testlabor des Landes geschlossen und die leitende Virologin entlassen wurde. Nur knapp eine Woche später wurde auch der Leiter des nationalen Labors suspendiert, nachdem (laut Aussagen von Präsident John Magufuli) bei der Entnahme nicht-menschlicher Proben, angeblich eine Papaya und eine Ziege positiv auf das Virus getestet wurden. Ob das Labor unsauber gearbeitet oder die Proben verunreinigt wurden, konnte nicht nachvollzogen werden.

Am 07. Mai 2020 veröffentliche die Regierung Tansanias die letzten Infektionszahlen bis zum heutigen Stand. Daraus gingen 509 Neuinfektionen, 21 Todesfälle sowie 183 genesene Patienten hervor.

Knapp einen Monat später, am 08. Juni erklärte Magufuli das Land für „Corona-frei“ und betonte, dass dies „Gott zu verdanken“ sei. Zudem äußerte der Präsident Zweifel am Nutzen von Atemschutzmasken und nahm die Bemühungen der Nachbarstaaten zur Eindämmung des Virus nicht besonders ernst. Des Weiteren sprach er eine explizite Warnung vor den neu entwickelten Covid-19-Impfungen aus und empfahl stattdessen Dampf-Inhalationen und heimische Arzneikräuter anzuwenden. Knapp ein halbes Jahr später, am 01. Februar 2021, folgte die offizielle Erklärung der tansanischen Regierung, dass sie nicht beabsichtige Covid-Impfungen im Land durchzuführen und dementsprechend keinen Impfstoff bestellen werde.

Aufgrund des stark repressiven politischen Klimas im Land wurden kaum kritische Stimmen laut und auch mögliche Neuinfektionen wurden unter Einfluss von Regierungsvertretern schnell als Falschmeldungen zurückgezogen. Ärzte berichteten allerdings von einem rapiden Anstieg der Patientenzahlen mit Lungenentzündungen und anderen Lungenerkrankungen in Krankenhäusern. Vertreter der Regierungspartei bestreiten weiterhin die Existenz weiterer Covid-19-Fälle.

Einige Tage später am 05. Februar 2021 wurde jedoch dennoch von Seiten des Gesundheitsministeriums die Empfehlung zum Tragen von Atemschutzmasken ausgesprochen, um sich vor Atemwegserkrankungen, einschließlich Tuberkulose, zu schützen. Einen Monat darauf am 03. März 2021 forderte auch der Generalsekretär der katholischen Bischofskonferenz Pater Charles Kitima die Mitglieder der Kirche auf, Vorsichtsmaßnahmen gegen das Coronavirus zu ergreifen, da „Corona noch nicht erledigt“ sei und innerhalb von zwei Monaten 25 Priester und 60 Nonnen verstorben waren.

Im selben Zeitraum tauchten auch Videos im Netz auf, die angeblich heimliche nächtliche Beerdigungen von mit Covid-19-infizierten Verstorbenen in Tansania zeigen. Außerdem sollen sich mehrere rückkehrende Tansanier mit der südafrikanischen Mutation infiziert haben.

Knapp ein Jahr nachdem die ersten Fälle in Tansania aufgetreten waren, machten am 11. März 2021 Gerüchte die Runde, dass sich Präsident Magufuli mit Covid-19 infiziert haben soll. Nicht einmal eine Woche später, am 17. März, verstarb der Politiker in Daressalam. Als offizielle Todesursache wurden die Folgen einer Herzerkrankung angegeben.

Seit dem 19. März 2021 hat nun Vizepräsidentin Samia Suluhu Hassan als erste Präsidentin Tansanias die Führung übernommen und betonte, dass sie das Erbe ihres Vorgängers weiterführen und bewahren wolle. Sie signalisierte jedoch auch die Bereitschaft zur internationalen Kooperation zur Pandemiebekämpfung, da sie sich nicht isolieren könnten und Tansania keine Insel sei.

Am 01. April 2021 wurde nach Angaben der panafrikanischen Gesundheitsbehörde Africa CDC bei Reisenden aus Tansania in Angola eine neue Corona-Variante entdeckt, die bis zu 40 Mutationen aufweist. Inwieweit die Variante auf Impfstoffe reagiert ist noch nicht bekannt.

Daraufhin signalisierte die Staatspräsidentin ein Umdenken in der Corona-Politik des Landes und kündigte an, ein Expertengremium einzusetzen, dass sie in der Eindämmung der Ausbreitung des Virus beraten solle und dabei auch wissenschaftliche Erkenntnisse berücksichtige. Hassan forderte das Volk außerdem auf, sich weiterhin an die Schutzrichtlinien gegen Covid-19 zu halten, da so eine weitere Verbreitung des Virus verhindert werden könne und es zur Mutation neige. Am 19. April 2021 berichtete die Regierungszeitung Daily News, dass das angekündigte Expertenteam zur Untersuchung und Bekämpfung von Covid-19 eingerichtet worden sei.

Anfang Mai 2021 passte die Regierung dann die Regelungen zur Einreise nach Tansania den internationalen Standards an und untersagte den Flugverkehr mit Indien.

Am 17. Mai legte dann der zwölfköpfige Corona-Ausschuss unter der Leitung des Vorsitzenden Prof. Said Aboud (Muhimbili University of Health) im State House in Daressalaam seinen Abschlussbericht vor. Dieser fordert eine drastische Kehrtwende in der Corona-Politik und warnt ausdrücklich vor der hohen Wahrscheinlichkeit einer dritten Welle. Des Weiteren wird eine effektivere Zusammenarbeit mit den Organisationen der internationalen Völkergemeinschaft gefordert sowie die Einführung von Corona-Tests und Veröffentlichung der Tagesstatistiken. Auch eine Mitgliedschaft bei der GAVI-Impfallianz, die vor allem die ärmeren Länder mit Impfstoff versorgen will, und ein Beitritt zur COVAX-Initiative wird empfohlen.

Am 02. Juni 2021 forderte Staatspräsidentin Samia Suluhu Hassan bei einem Besuch eines Krankenhauses in Daressalaam die Bevölkerung noch einmal zur Einhaltung der Schutzmaßnahmen auf und äußerte, dass eine Eindämmung der Pandemie zwar gelungen sei, aber Vorkehrungen gegen die Bedrohung der Verbreitung der indischen Variante getroffen werden müssten. Eine Umsetzung der von der Kommission vorgeschlagenen Maßnahmen, wie Impfungen, Veröffentlichung aller Corona-Daten oder einer engen Kooperation mit der WHO, sind bislang noch nicht von der Regierung beschlossen worden.

Laut Berichten aus den vergangenen Wochen hat Samia Suluhu Hassan als ersten Schritt, den in Tansania vertretenen Botschaften und internationalen Organisationen die Einfuhr von Covid-19-Impfstoffen gestattet, die jedoch vom Gesundheitsministerium koordiniert werden soll. Auch Sansibars Präsident Hussein Mwinyi hat mitgeteilt, dass Sansibar bereit sei, die Covid-19-Impfunterstützung und andere Spenden anzunehmen. Letzten Neuigkeiten zufolge soll sich Tansania momentan auf eine Covid-19-Impfkampagne vorbereiten, die durch Empfehlungen in einem zweiten Expertenbericht der nationalen Covid-19-Kommission unter dem Vorsitz Prof. Said Aboud unterstützt werden soll.

Somit lässt sich sagen, dass diese positiven Entwicklungen und die rasante Kehrtwende in der Corona-Politik sehr von der internationalen Gemeinschaft begrüßt wird, aber der gesamte Kontinent Afrika noch einen langen Weg vor sich hat, da die Impfkampagnen in vielen Ländern gerade erst begonnen haben.